Sie hat sich geoutet: „Geständnis: Ich „brenne“ für nichts. Diese Metapher mochte ich noch nie. Sie ist mir geradezu suspekt. Warum hat sie so eine Konjunktur in der heutigen Job-Welt? Genügt es nicht mehr, seine Arbeit einfach nur zu mögen oder sich für eine Aufgabe zu begeistern?“ Die wunderbare Nicola Karnick hat mich mit Ihrem LinkedIn-Post zum Nachdenken – insbesondere mit Blick auf professionelle Kommunikation – angefeuert: Beruflich brennen oder nicht brennen, das ist ihre Frage! Antworten gibt die Sprache, sie ist „verräterisch“.

Rein naturwissenschaftlich betrachtet, braucht es „das Vorhandensein eines brennbaren Stoffs, Zufuhr von Luft und Erreichen der Entzündungstemperatur des brennbaren Stoffs“. Was also ist im übertragenen Sinn der „brennbare Stoff“ der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers? Welche Art Luftzufuhr braucht es, und wo liegt die Zündtemperatur? Reichen beim Einen die 60 Grad Celsius Zündtemperatur beim Streichholz, ist’s bei der Anderen eher die von Erdgas mit 600 Grad Celsius?

Negative Assoziationen

Die Sprachbilder zu „Brennen“ führen schnell zu schwierigen oder gar negativ besetzten Assoziationen, wie zum Beispiel „in Brand geraten“, „Brandkatastrophe“, „verbrannte Erde“. Das „Burn-out Syndrom“ als (Berufs-) Krankheit mit schweren Erschöpfungszuständen trägt nicht von ungefähr „ausgebrannt“ im Namen. Wer für etwas „brennt“, kann also „verbrennen“ oder „ausbrennen“.

Weitergesponnen führt der Gedankengang zur Frage, wann nach dem „Brennen“ für den Job (das Projekt, die Aufgabe, das Thema) mit „hell loderndem Feuer“ die Stufe „glühende Begeisterung“ erreicht ist: Es ist immer noch viel Energie im Spiel. Zugleich ist absehbar: Wenn nicht neues Brennmaterial „nachgelegt“ wird – und neu entflammt –, ist irgendwann „Asche“.

Aniko Willems hat sich in Ihrer Vlog-Reihe „Cup of Change“ in einem Beitrag Gedanken darüber gemacht, „wie man etwas benennt“ und welche Wirkung mit bestimmten Begriffen erzeugt wird – bei sich selbst und anderen. Sie rät dazu, einfach mal genau hinzuhören, was in welchem Kontext wie zum Ausdruck gebracht wird. Sie adressiert damit eine wichtige Form der „Achtsamkeit“: Wie fühlt sich das Gesagte an?

Wie fühlt sich das an?

(Professionelle) Kommunikation hat viel mit Emotionen zu tun, setzt oft ganz bewusst auf Gefühle bzw. spricht diese gezielt an. Deshalb stellt sich die Frage: Welche Empfindungen löst die Aussage „Ich brenne für meinen Job!“ aus? Oder gar die einem anderen gestellte Frage: „Wofür brennen Sie?“ Sind die geweckten Gefühle durchweg positiv?

Nicola Karnick stellt in Ihrem LinkedIn-Post die Frage, ob es nicht „genügt“, von „mögen“ oder „begeistern“ zu sprechen. Stellen wir also „etwas mögen“, „sich für etwas begeistern“ und „für etwas brennen“ nebeneinander und spüren der „Gefühlswirkung“ nach: „Etwas mögen“ fühlt sich eher etwas „lauwarm“ an, ist leicht positiv besetzt. „Sich für etwas begeistern“ strahlt stark positiv aus, ist vielleicht schon ein Stück weit Überschwang. „Für etwas brennen“ erzeugt ein Gefühl von Hitze, die so groß sein kann, dass man lieber ein bisschen Abstand hält, um dem „Brennen“ besser nicht zu nah zu kommen. Manche mögen’s heiß, andere baden gerne eher „lau“, natürlich rein sprachlich betrachtet.

Bei der Suche nach einem Begleitmotiv bin ich auf das Bild einer entschwebenden Laterne gestoßen, das mir als Illustration ebenso gut gefällt wie als sprachlicher „Rausschmeißer“: Die Laterne wird von der Hitze einer Flamme empor getragen. Brennt das Feuer zu heiß, entflammt die Laterne und vergeht in einem Funkenregen. Brennt nichts mehr, sinkt die Laterne entweder sanft zu Boden oder stürzt ab. Über die Allegorie der Flugrichtung der hitze-getriebenen Laterne denken wir dann ein anderes Mal nach.